Warten auf ENO

Allüberall schweben die Klangwolkenüber mich hinweg, lösen im Süßer-die-Glocken-nie-klingen, Alle-Jahre-Rudi oder Dauernd-rieselt-der-Schnee nur Übelkeit aus. Ach, Eno erlöse uns! Komponiere uns doch endlich Music For Weihnachtsmärkte. – Und die Schwaden billigen Glühweins, rußiger Reibekuchen und angekokelten Räucherlaches verzögen sich urplötzlich, von fern klingt es heran: Music For Christmas. Endlich Eno-Erlösung!

Ein erzwungener, mehrstündiger Zwischenstopp am Flughafen Köln/Bonn 1977 hatte Brian Peter George St. John le Baptiste de la Salle Eno (* 15. Mai 1948 in Woodbridge, Suffolk) derart traumatisiert, dass er sich aufgerufen fühlte, seine negativen Erfahrungen in eine neue Komposition abzuleiten: “Ich saß am Kölner Flughafen, ein schönes Gebäude. Es war ganz früh an einem Sonntagmorgen, tolles Licht, alles wunderschön – abgesehen davon, dass sie schauderhafte Musik gespielt haben.”

Und wunderte sich: “Irgendetwas läuft da doch total verkehrt, wenn sich niemand über die Musik Gedanken macht, die sie an solchen Orten spielen. Sie verwenden Hunderte Millionen Pfund auf die Architektur und den ganzen Rest. Für alles ist Geld da, außer für die Musik. Dafür bringt dann irgendjemand eine Kassette mit seinen gerade aktuellen Lieblingsliedern mit, und mit diesem Gedudel berieseln sie dann den ganzen Flughafen.” Albtraumartig.

Music For Airports ging an den Start, take off für Ambient 1, drei weiter sollten folgen. – Brian Enos Protest gegen die stupende Dauerberieselung mit billigem Klingklang. – Während Hintergrundmusik jedes Gefühl von Zweifel und Unsicherheit aus der Musik (wie aus dem Leben) eliminiert, hält Ambient-Musik gerade an diesen Qualitäten fest. Sie will nicht berieseln, noch erheitern oder die Langeweile mildert, ist Ambient bestrebt, Ruhe zu verströmen und den Gedanken Raum zu geben.

Enos Kredo: “Ambient-Musik muss in vielen verschiedenen Abstufungen von Aufmerksamkeit hörbar sein, ohne ein bestimmtes Maß an Beachtung einzufordern. Man muss sie ignorieren können, zugleich muss sie trotzdem interessant bleiben.” Wie er die Quadratur des Kreises schafft? – Indem er der Stille zwischen den Tönen die gleiche Wertschätzung angedeihen lässt wie den Klängen selbst.

Nun wird Brian Eno den Düsseldorfer Flughafen kennen lernen. Mit vereinten Kräften ist es der  Stiftung imai, der ELECTRI_CITY Conference und dem institut bild.medien (Hochschule Düsseldorf) gelungen Eno nach Düsseldorf zu holen. Im Herbst 2018 wird das musikalische und künstlerische Schaffen von Brian Eno erstmals im großen Zusammenhang vorgestellt.

Als Musiker und Musikproduzent hat Eno die Entwicklung der Popmusik und der elektronischen Musik seit den 1970er Jahren bis heute maßgeblich geprägt. Bekannt wurde er als Gründungsmitglied von Roxy Music, legendär sind seine Kooperationen mit David Bowie, den Talking Heads und U2. Als bildender Künstler ist Eno an „Visual Music“ interessiert. Seit den 1980er Jahren hat er multimediale Installationen in diesem Bereich geschaffen.

Die Stiftung imai wird mit der Ausstellung „Brian Eno. Video Paintings“ erstmals im KIT – Kunst im Tunnel zu Gast sein (13.10. – 11.11.), kuratiert von Renate Buschmann und Kathrin Tillmanns.

Die ELECTRI_CITY Conference wird 2018 aus der Messe in die Innenstadt umziehen. In der Kunstsammlung-Nordrhein-Westfalen (Trinkhaus-Auditorium) wird sie sich neu formieren. Schwerpunkt der E_CC 2018 wird auf das musikalische Werk von Brian Eno gelegt. Seine zahlreichen Verbindungen zur deutschen elektronischen Musikszene (“2/2” entstand im Studio von Toningenieur Conny Plank in Köln) nachgehen. Rudi Esch wird sich in einem ausgiebigen Talk Enos Musik nähern. Das institut bild.medien bietet Veranstaltungen für Studierende zum Thema Soundvisualisierung an und hat Eno eingeladen, an der Hochschule Düsseldorf einen Workshop abzuhalten. Julia Stoschek wird ein Dinner ausrichten, Hans Mayer seine Galerie öffnen und wer und was sich bis Herbst 2018 noch alles der Eno-Welt öffnet, werden wir im neuen Jahr erfahren. Bis dahin…Heben Sie nicht ab!

Der den Beat hat

Den Beat haben, heißt einem ausgeprägten Rhythmus folgen. Dementsprechend hat Beat Wismer seinem (Vor)namen alle Ehre gemacht. Als Generaldirektor des Düsseldorfer Museum Kunstpalast, einem nur

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