Geisels Fall(e)

Die Zukunft des MKP steht auf der Kippe?

Aurora sitzt wieder ganz oben. Die zentnerschwere Göttin, eine Bauplastik aus Muschelkalk von Arno Breker, ist zurück und tut, was sie ohnehin am liebsten tut, sie sehnt die Morgenröte herbei.

Nach monatelanger Instandsetzung bei einem Kölner Restaurator nimmt die monumentale Figur ihren angestammten Platz als Bekrönung des Belvedere wieder ein. Wilhelm Kreis, Professor der Kunstakademie und Architekt des „Ehrenhofs“, hatte seinem bekanntesten Schüler 1924 den Auftrag für den krönennden Abschluß über dem nördlichen, torartigen Portikus des Ehrenhofs vermittelt.

Von Morgenröte sonst keine Spur. Das Dach des Museum Kunstpalast, zu dessen Baulichkeiten das Belvedere zählt, ist seit langem marode. Im Februar 2012 kam es wegen Wassereinbruchs zur Schließung des 2. Geschosses des Sammlungsflügels. Rund 1.800 qm Ausstellungsfläche sind seither geschlossen – und kein Ende ist in Sicht. Ausgerechnet die große Rauminstallation “One Man Houses“ des berühmtesten, in Düsseldorf verbliebenen Künstlers, Thomas Schütte, eine Dauerleihgabe der Stadtsparkasse Düsseldorf, ist auf unabsehbare Zeit geschlossen. Wann etwa mit einer Wiedereröffnung zu rechnen sei, darüber wagt derzeit niemand eine Auskunft. Ein Rechtstreit zieht sich in die Länge. Die Zukunftsaussichten für das Haus, das sich mit dem Namen Kunstpalast schmückt, verdüstern sich.

Ob Beat Wismer, Generaldirektor seit 2007, die Sammlungsräume überhaupt noch vor seinem Amtsende 2017 wiedereröffnen kann, steht in den Sternen. Schon zwischen 2009 bis Mai 2011 war sein Museum aufgrund von Sanierungsarbeiten komplett geschlossen.

Beim MKP handelt es sich ohnehin um einen unglücklichen Klon, ein unentschiedenes Zwischending: Kunsthalle mit zwangsweise angeschlossenem Museum, Kunstmuseum mit Wechselausstellungsflügel. Jedenfalls weniger Palast als Dauerbaustelle. Mit dem Wechsel vom ubiquitären Martin zum besonnenen Wismer, der zuvor 22 Jahre lang dem Aargauer Kunsthaus gedient hatte, schien das Doppelhaus im Düsseldorfer Ehrenhof in die Konsolidierungsphase eingetreten zu sein. Doch seitdem vollzieht sich der Abstieg in Raten. Lag bis Ende 2013 der Eon-Anteil noch bei 1,5 Millionen Euro pro Jahr – der Zuschuß für Ausstellungen von nochmals 1,5 Millionen Euro war schon 2008 gänzlich entfallen – reduzierte Eon ihren Anteil auf 750.000 Euro pro Jahr. Die Stadt trägt den Löwenanteil in Höhe von gut sieben Millionen Euro jährlich. Solange jedoch nicht einmal der Etat des MKP feststeht, dürfte es schwierig werden, einen oder eine Direktor(in) von Rang für die Zeit ab 2018 zu gewinnen.

Unterdessen ist die Suche nach einem Nachfolger für Wismer in vollem Gang. Wie üblich bei wichtigen Personalfragen, wird der gesamte Laden auf den Prüfstand gestellt. Das ist auch dringend geboten. Denn nicht nur die Baulichkeiten der im Jahr 2001 besiegelten Public Private Partnerschaft zeigen Rissen, die gesamte PPP-Konstruktion steht auf der Kippe.

Der Energiekonzern Eon, privater Teil der PPP-Stiftung und Hauptsponsor des MKP, zieht von Düsseldorf nach Essen. Während sich dort das Museum Folkwang auf erhöhte Zuwendungen freuen darf, wird in Düsseldorf lediglich der Sitz der abgespaltenen Kraftwerkstochter Uniper verbleiben. Die soll die Abwicklung der defizitären Atom- und Braunkohlekraftwerke leisten. Vorstandschef hier wird der bisherige Eon-Finanzchef Klaus Schäfer. Mit dem Umzug verliert Düsseldorf nach Mannesmann und Thyssen/Krupp bereits den dritten DAX-Konzern. So war das nicht geplant als man den Kunstpalast von 1902 zugunsten der Eon-Hauptverwaltung 2000 abriss.

Welche Zukunft das PPP-Modell im Ehrenhof überhaupt hat, ist eine weithin offene Frage. Da überrascht es, daß sich Eon gleich drei Stimmen im Gremium der Findungskommission gesichert hat. Man kann das auch als hoffnungsvolles Zeichen deuten,  daß sich der Energiekonzern auch weiterhin im Ehrenhof engagieren will. Für den Konzern sitzen der Vorstandsvorsitzende Johannes Teyssen, Kulturkommunikatorin Dorothee Gräfin Posadowsky-Wehner und der Bereichsleiter Politik und Kommunikation, Guido Knott am Verhandlungstisch um die Wismer Nachfolge. Für die Stadt sind es OB Thomas Geisel, Kulturdezernent Hans-Georg Lohe und Heinrich Heil, freiberuflicher Philosoph und Publizist. Auch Andreas Gursky, der dem MKP die erfolgreichste Ausstellung der Ära Wismer bescherte, sitzt in der Findungskommission. Seit 2013 gehört der Fotokünstler und Akademieprofessor auch dem Kuratorium der Stiftung an. 

Als keinesfalls sicher kann gelten, ob die abziehende Eon – oder etwa die neue Tochter Uniper – den PPP-Vertrag verlängert. Ende 2017 läuft der Vertrag mit der Stiftung Museum Kunstpalast aus. Eigentlich mußte erst geklärt werden, ob und in welcher Höhe sich Eon zu einer Fortsetzung der PPP-Stiftung bereit erklärt – und dann erst könnte die Findungkommission berufen werden. Wer den zweiten Schritt vor dem ersten tut, gerät leicht aus dem Tritt. Bei diesen Verhandlungen wird es auf einen Mann ankommen, der weder im Kuratorium, noch in der Findungskommission vertreten ist: Harry Schmitz. Neben Wismer ist er Chef im MKP. Der Eon-Manager und Finanzdirektor des MKP, wird sich seine Vorstellungen zur Zukunft des Hauses sicher gemacht haben. 

Schon seit Jahren läuft die Suche nach einem Ersatzsponsor. Bislang ohne Erfolg. Not macht Beine. Oder: wenns am Geld fehlt, sind Ideen gefragt. Zum Beispiel ließe sich die Stiftungssatzung dahin gehend ändern, Museum und Kunsthalle, also Altbau und Neubau wieder voneinander zu trennen. Liesse sich so die zweiflügelige Konstruktion besser steuern? Hinter solchen Plänen verbirgt sich ein alter Richtungsstreit, welche Stellung das MKP unter den Kunstinstitutionen Düsseldorfs künftig einnehmen soll: mehr Kunsthalle mit internationaler Zugkraft, oder eher Städtisches Kunstmuseums mit angeschlossener Wechselausstellungshalle. Auch gibt es Überlegungen, die Düsseldorfer Kunstakademie (eine Landeseinrichtung) stärker einzubeziehen. Aber die gerät unter ihrer Rektorin Rita McBride gerade immer tiefer in eine Krise.

Am Ende wird sich Thomas Geisel positionieren müssen. Der SPD-Politiker ist seit September 2014 Oberbürgermeister in Düsseldorf und Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung MKP. Er führt die Findungskommission an. Der Bildenden Kunst bläst seit dem Wechsel im Düsseldorfer Rathaus ein scharfer Wind ins Gesicht. Die Quadriennale wurde ersatzlos gestrichen, der Düsseldorfer Kunstpreis (letzte Preisträger Thomas Schütte, Katharina Fritsch) gleichfalls. Geisel überläßt die Kultur weitgehend den Koalitionären seiner Ampelkoalition (SPD, GRÜNE, FDP). Weil die sich aber nicht einigen können, holen sie sich erst einmal teuren Rat von außen. Die Kulturpolitische Gesellschaft (Kupoge) mit Sitz in Bonn soll einen „Kulturentwicklungsplan“ erstellen „mit Bestands- und Potenzialbeschreibungen der Förderfelder und Sparten, mit Leitmotiven, Leitbild und Leitlinien der weiteren Kulturentwicklung sowie mit kulturpolitischen Zielen und Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung der Kulturstadt Düsseldorf“. Schön und teuer. 250.000 Euro läßt sich die Stadt den Spaß kosten.

Der ehemalige Kulturamtsleiter in Köln, heute in der Berliner Kulturverwaltung tätig, hat einen solchen kostspieligen Kulturentwicklungsplan Berlin erspart, „weil in dem Moment, wo die Tinte trocken ist, das Ganze schon überholt ist.“

Wenn der Kulturentwicklungsplan für Düsseldorf 2017 auf dem Tisch liegt, müsste ein neuer Generaldirektor für das MKP bereits berufen sein. Es soll schon Kandidaten geben, die sich warm laufen. Ob der oder die dann in den Kulturplan passt? Wie gehabt: Wer den zweiten, vor dem ersten Schritt tut, kommt leicht ins Straucheln. 

Das MKP dürfte zu einer Herausforderung für Geisel werden. Der OB muß entscheiden, wohin er mit dem MKP will, finanziell wie konzeptionell, austrocknen, abtropfen lassen oder ausbauen, eher „Haus der Kunst“ oder „Provinzialmuseum Düsseldorf“. Ob er die Herausforderung annimmt?

Eine Gastrokritik

Es gibt Geschichten, die haben einfach alles: schnelle Autos, schöne Frauen, supercoole Jungs, Immobilien in Bestlage, jede Menge teure Kunst, das ganz große Rad. Am

Read More »

Doppeltes Spiel

Donnerwetter! Da bekommen die beiden größten Museen der rheinischen Kunstmetropole – jedes für sich kann über einen Etat von reichlich zehn Millionen Euro verfügen –

Read More »

© 2022 All rights reserved