Jetzt kam die Quittung. Der Abgang von Marion Ackermann kann das Land Nordrhein-Westfalen keineswegs überraschen. Zu grob die Vernachlässigungen der NRW-Kulturpolitik, zu desaströs das Desinteresse der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, zu viel der Verluste an zeitgenössischer Kunst, ob Westspiel, Portigon oder WDR. Ackermann mischte sich ein, versuchte zu retten was zu retten war. Sie fand wenig Halt. Als Kraft zuletzt Ute Schäfer gegen Christina Kampmann auswechselte, verlor Ackermann ihre letzte Vertraute in der NRW-Bürokratie. Zu der neuen Kulturministerin fand sie nie einen Draht. Schäfer verlängerte noch kurz vor ihrer Entlassung den Vertrag mit Ackermann bis 2023, als diese schon nach Paris ans Centre Pompidou wechseln wollte. Genützt hat auch das nichts. Das einstige Wunderland der Kunst steht beschädigt da und muß sich auf kalte Zeiten einrichten. Ackermann wechselt zum 1. November auf ihren „Traumjob“ in Dresden, wo die Kunsthistorikerin gleich 15 Museen mit 500 Mitarbeitern dirigieren wird.
In Düsseldorf stellte sie die Kunstsammlung NRW ganz in die Tradition ihrer beiden männlichen Vorgänger Werner Schmalenbach und Armin Zweite. Zur Eröffnung des Ausstellungsflügels 2010 rekonstruierte sie sogar Schmalenbachs famose Bildergalerie. Doch verschob sie dabei mehr als nur Akzente. Eine weibliche Führungsriege trat an, das erweiterte Stammhaus am Grabbeplatz, wie auch die beiden ungleichen Dependanzen, das K21 im alten Ständehaus und das Galeriehaus Schmela, eine neue, weiblichere Zukunft zu weisen. Nach nur sieben Jahren wendet sich Ackermann ab. Sie hinterlässt jede Menge Bruch und einen Berg von Aufgaben. Weder ist geklärt, welche Rolle das abseits gelegene K21 spielen soll, noch wozu das Schmela-Haus dienen könnte, noch wie beide zum Haupthaus in Beziehung stehen. Beide neuen „Spielstätten“ wurden der Kunstsammlung einst unerbeten von der Landesregierung aufs Auge gedrückt. Ackermann setzte, ganz mainstream, auf Event und Mitmachkunst. Im K21 kann man hoch unter der Glaskuppel im Netz von Tomás Saraceno turnen und den Amerikanersaal ließ sie zuletzt komplett für eine 3D-Filmprojektion „Nightlife“ von Cyprien Gaillard räumen. Aber nein. Ackermann machte nicht nur Party. Zur letzten Quadriennale, deren politisch bedingtes Aus sie ebenso öffentlich bedauerte, wie die Abschaffung des Düsseldorfer Kunstpreises, zeigte sie mit „Kandinsky, Malewitsch, Mondrian – Der weiße Abgrund Unendlichkeit“ im Sommer 2014 eine wundervolle Ausstellung, die auf sicherem kunsthistorischen Fundament stand und mit aufsehenerregenden Leihgaben demonstrierte, auf welchem Niveau die alte Kunstsammlung immer noch spielt.
Kampmann ist nun gefordert, die Nachfolge zu regeln. Da kann einem nur schwindelig werden. Weder was die Neukonzeption der drei Häuser, noch was die Kenntnisse in Museumskreisen betrifft, sitzt die neue Kulturministerin im Sattel. „Schmalenbach, Zweite, Ackermann – Der weite Abgrund Unendlichkeit“, dürfte der Titel der nächsten Hängepartie lauten.