Rückschlag, Vorschlag, Ausbau

Modelle der Rettung für das Museum Morsbroich

Ende des Jahres ist es soweit. An der A3, Höhe Leverkusen, wird ein neues Verkehrszeichen aufgestellt: ein Braunes Hinweisschild wird dann auf das Museum Morsbroich aufmerksam machen. Eröffnet wurde das Museum in einem barocken Jagdtschloß aus dem 18. Jahrhundert bereits 1951. Zuletzt konnte das Museum die Besucherzahlen auf 16.500 im Jahr steigern. Ob das neue Schild das Kunstmuseum im Waldgebiet retten wird?  

Dem Museum Morsbroich droht immer noch die Schließung. Dabei wollte der Rat der Stadt Leverkusen schon Ende Juni über einen viel versprechenden Rettungsplan abstimmen. Die Entscheidung wurde aber überraschend vertagt. Erst im Februar hatte die von der Stadt beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vorgeschlagen, das Museum auf Schloss Morsbroich komplett zu schließen, um den maroden städtischen Haushalt zu sanieren. Die Entrüstung vor allem zahlreicher Kulturschaffender war unüberhörbar. Die Stadt suchte daraufhin via Internetplattform nach Lösungsvorschlägen. Es kam aber nichts Konkretes, außer Vorschlägen der Sorte „Meditationskurse im Jagdzimmer“.

Dann rappelte sich der Museumsverein Morsbroich unter seinem Vorsitzenden, dem früheren Bayer-Manager Gottfried Zaby zu einem Vorschlag auf: Bis Anfang 2018 soll ein aus zwei bis drei Experten bestehendes Projektteam, ein tragfähiges Konzept “zur Optimierung oder Aufrechterhaltung des Museums” vorzulegen. “Unter Beistellung aller administrativen, personellen und sachlichen Ressourcen”, wie es im Antrag an die Stadt Leverkusen heißt – auf eigene Kosten also. Im Gegenzug soll die Stadt vorerst auf Sparmaßnahmen verzichten.

Die entscheidende Ratssitzung begann sonderbar. Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) ließ zunächst ein Musikvideo mit der neuen „Heimat-Hymne“ (mit ihm als Darsteller) abspielen. Im Schlosspark von Schloss Morsbroich wurde das Lev-Lied tags zuvor uraufgeführt. Als es zu Abstimmung über das Moratorium des Museumsvereins kommen sollte, sprachen sich die Vertreter von SPD, Grünen, FDP und Bürgerliste für eine Annahme des Rettungsplans aus. Auch Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD), dem allein das Expertengremium auskunftspflichtig sein soll, lobte den ehrenamtlichen Einsatz des Museumsvereins. Dennoch wurde die Entscheidung um zwei Monate auf Ende August vertagt. Die Beratungsvorlage, so die Mehrheit der CDU, hätte aufgrund der Kürze der Zeit nicht in allen Fraktionen besprochen werden können. Und nun?

Unter den Mitgliedern des Museumsvereins löste die Vertagung reichlich Unmut aus. “Damit ist unser Angebot tot, dann bin ich jetzt raus”, zitiert die “Rheinische Post” den Rechtsanwalt Manfred Hüttemann. Der Vorsitzende des Vereins, Gottfried Zaby zeigte sich “etwas weniger frustriert – auch wenn ich nicht verstehe, warum man so viel Zeit braucht, einen vierseitigen Brief zu lesen”, Trotzdem will er das Angebot aufrechterhalten. “Sofern die Verzögerung nicht dazu dient, uns noch irgendwelche Auflagen aufzudrücken.”

Eine Kröte, die die Stadtpolitiker wohl schlucken müssen, ist wohl die, daß sie im Expertengremium keine Stimme haben und nur der OB exklusiv über das Ergebnis unterrichtet wird. Die Zielvorgabe der Stadt, bis Ende Juni “handfeste Vorschläge” zu präsentieren, ist nicht zu halten. Nach der Sommerpause geht das Theater um die Rettung von Schloss Morsbroich in die Verlängerung.

Das Angebot des Museumsvereins beruht darauf, auf Kosten des Vereins im ganzen Jahr 2017 zwei bis drei Fachleute (“Projektteam”) zu verpflichten, die alle relevanten Verhältnisse des Schlosses und die Alternativen an Bewirtschaftungs- und Nutzungsmöglichkeiten ermitteln und hierzu “uneingeschränkte Auskunft” seitens der Stadtverwaltung erhalten. Dieses Projektteam soll an einen Ausschuß, bestehend aus Gottfried Zaby, Markus Heinzelmann, Museumsdirektor und Geschäftsführer des Vereins, Baufachmann Gernot Paeschke, Vereinsanwalt Manfred Hüttemann und dem Geschäftsführer von Köln/Bonn e.V. Reimar Molitor, der die Stadt vertreten soll. Dieser Ausschuß soll ausschließlich dem Oberbürgermeister berichten. OB Richrath wird dann Politik und Verwaltung informieren. Direkte Kontakte zwischen Projektteam und Ausschuß einerseits und der Politik andererseits sind in den nächsten 18 Monaten nicht vorgesehen. Selbst KulturStadtLev-Cheffin Biggi Hürtgen oder Kultur-Dezernent Marc Adomat haben zwar Auskunftspflichten gegenüber dem Projektteam, aber keine Informationsrechte geschweige denn Weisungsrechte.

Die Gesamtsituation Museum Morsbroich käme auf den Prüfstand. Wobei das Ziel nicht unbedingt Sparmaßnahmen sind. „ Man kann nie mit der eigenen Schließung konkurrieren“, ließ sich Markus Heinzelmann etwa vernehmen. Konsequent hat er deshalb den weitläufigen Schloßpark zu einem Skulpturengarten ausgebaut. Werke von Jeppe Hein, Jonathan Balka und demnächst ein „Hexenhaus“ von Marc Dion, sorgen dort für neue Attraktionen. Auch deshalb wurde dem Antrag auf die lang ersehnte „touristische Unterrichtungstafel“ (Autobahndeutsch), an der A3 endlich stattgegeben.

Im Zuge des Prüfverfahrens könnte es also gut sein, daß man aus der Not eine Tugend, aus dem Rückschlag einen Fortschritt macht. Da das alte Schloß nicht zu klimatisieren ist und schon deshalb einem modernen Ausstellungsbetrieb nicht genügt, kommt ein Plan aus dem Jahr 2010 wieder auf den Tisch. Die Berliner Architekten Kuehn Malvezzi haben einen Erweiterungsbau im Park, eine Sichtbeton-Pavillon vorgeschlagen, der das Museum tatsächlich nicht nur „retten“, sondern für eine neue Zukunft öffnen könnte. Geschätzte Kosten: Zehn Millionen Euro. Wie endet doch der neue LEV-Song „Leverkusen, meine Stadt, meine Welt, meine Heimat, die uns wirklich gut gefällt“.

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