Bloß nicht wehmütig werden

Die Düsseldorfer Kunsthalle wird 50. Eine Gratulation

Wie eine Festung, eine moderne Trutzburg steht die Düsseldorfer Kunsthalle am Eingang zur Altstadt. Nun wird sie, 1967 im schönsten Beton-Brutalismus errichtet, 50 Jahre alt. Da wollte auch Direktor Gregor Jansen zuschlagen, beantragte für das Jubiläum 150.000 Euro Sondermittel, um die wirklich reiche Geschichte, die im Archiv verstaubt, zu digitalisieren und damit der Öffentlichkeit wieder bewußt zu machen. Pustekuchen. Jansen bekam 50.000 Euro von der Stadt. Der Kunsthallendirektor seit 2010 hatte sich vehement gegen einen Plan des Düsseldorfer OB Thomas Geisel (SPD) gewehrt, der Halle einen „Generalmuseumsdirektor“ vorzuordnen. Damit so Jansen „verliert die Kunsthalle ihre Eigenständigkeit und ihr Profil.“ Die Kunsthalle ist für ihn jedoch “Task force“.

Zum Jubiläum will Jansen Rückschau halten auf die große Zeit der Kunsthalle unter ihrem impulsiven Impressario und Gründungsdirektor Karl „Charlie“ Ruhrberg (1967 bis 1972). Der hatte sieben fette Jahre lang Pop-Künstler wie Eduardo Paolozzi, Claes Oldenburg, Edward Kienholz, Jim Dine, dann auch Mark Rothko, Ad Reinhard, Francis Bacon und Bridget Riley in raschem Wechsel vorgestellt. Marcel Broodthaers Adlermuseum (Musée d’Art Moderne, Département des Aigles, Section XIX ème Siècle), Minimal-Art, die Sammlung Ströher, dazu between und Prospect zählen zu den unvergessenen Höhepunkten, die den Weltruhm der Betonhalle begründeten.

„Aber bloß nicht wehmütig werden“, verspricht Jansen. Darum wird es ein ganzes Jahr lang um Fragen nach Wert und Aufgabe von Kunst und Institutionen gehen. Vier Ausstellungen plant Jansen im Jubiläumsjahr. Den Anfang macht Wirtschaftswerte – Museumswerte (8. April – 18. Juni), dann Singular/Plural, dann Akademie (Arbeitstitel), eine offenes Labor über die Beziehung zu den Kunstakademien in Köln, Münster und Düsseldorf. Abschließend wird „Lebenswelten“ Fragen zur Zukunft von Ökologie und Ökonomie stellen.

Wirtschaftswerte – Museumswerte ist eine Kooperation mit dem S.M.A.K. in Gent und ergründet die Institution Kunsthalle im Kontext der Kunstgeschichte und der sie umgebenden Kunst-Institutionen der 1960er und 1970er Jahre. Vor allem Werke solcher Künstlerinnen und Künstler werden aus dem Genter Museum an den Rhein kommen, die ihre erste Ausstellungsplattform in der Kunsthalle Düsseldorf hatten und heute in vielen Museumssammlungen vertreten sind, wie Art & Language, Christo, Joseph Beuys, Broodthaers, Daniel Buren, Tony Cragg, Hanne Darboven, Hans-Peter Feldmann, Hans Haacke, Imi Knoebel oder Panamarenko.

Auf jüngere Positionen, wie zunächst vorgesehen, die aus ihrer Perspektive auf die Historie reagieren, will man nun doch verzichten. Aus Gent kommt dagegen die titelgebende Installation von Beuys. Eine zentrale Arbeit, die das Museum eigentlich nicht mehr verlassen kann, große Ausnahme das Kunsthallen-Jubiläum. „Bloß keine Selbstmusealisierung einer Kunsthalle, die kein Museum sein will oder kann“, baut Jansen vor.

Das Geschäftsmodell Kunsthalle ist in die Jahre gekommen. Museen können mit ihren Sammlungsbeständen wuchern und haben mit wuchtigen Anbauten für Wechselausstellungen nachgezogen. In Köln hat man die Kunsthalle längst abgerissen. Auch andernorts sind Kunsthallen ein teurer Spaß geworden. 2002 ging es auch der Düsseldorfer Kunsthalle an den Kragen, sie sollte abgerissen werden. Künstler protestierten damals erfolgreich und retteten zumindest den Bau der Kunsthalle, während Personal und Etat in die PPP-Konstruktion des Museum Kunstpalst aufgingen. Seither hat die Kunsthalle nicht nur eine stark Konkurrenz seitens der Stadt erhalten, auch ihr Etat ist eigentlich nur ein Rumpfposten.

150 Jahre Düsseldorfer Kunsthalle

1967 war das ganz anders. Man muß die Stadt noch heute für ihren Mut bewundern, die alte, kriegszerstörte Kunsthalle abzureißen und eine neue Kunsthalle zu errichten: Vom wihlhelminischen Historismus zum Betonbrutalismus der 60er Jahre – radikaler kann sich eine Zeitenwende kaum dokumentieren. Der Neubau kam 1967 auch genau zur rechten Zeit, um das noch junge Pflänzchen Avantgarde in Düsseldorf ungemein zu beleben. Auch städtebaulich wurde mit dem versetzten Neubau viel gewonnen. Der Grabbeplatz entstand als Einfallstor zur Altstadt neu. Und auch der Mut, den Quereinsteiger Ruhrberg zum Gründungsdirektor zu befördern, zeugt von außerordentlichem kultiurpolitischen Mut. Ruhrberg war Journalist und Dramaturg an der Oper. 

Die Düsseldorfer Kunsthalle wurde an der Alleestraße (heute Heinrich Heine Allee) zwischen 1878 und 1881 im Stil der italienischen Renaissance erbaut. Am 3. Juli 1881 konnte der Bau mit einem historischen Kostümumzug des Künstlervereins Malkasten eingeweiht werden. Insofern bietet sich die Gegelgenheit, schon 2031 erneut ein Kunsthallenjubiläum zu feiern: 150 Jahre Düsseldorfer Kunsthalle.

Der Eingang wurde damals als kolossaler Triumphbogen mit mächtigem Giebeldach ausgeführt. Zwei Karyatidenpaare trugen den bekrönenden Dreiecksgiebel. Die Nähe zur Kunstakademie bezeugten an den Seitenwänden die Profile der ersten Akademiedirektoren – Peter von Cornelius und Wilhelm von Schadow. Dieses Ausstellungshaus war ein Kompensationsbau für die 1775 nach München abtransportierte Gemäldesammlung des Kurfürsten Johann Wilhelm. Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, wurde der Prachtbau 1967 abgerissen. Die vier Karyatiden, Musik, Malerei, Skulptur und Architektur verkörpernd, fanden neben dem Neubau Aufstellung, in den auch der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen einzog. Um das Bermuda-Dreick rund zu machen, wurde im Jahr 1967 gleich nebenan auch das Creamcheese eröffnet.

Carl Friedrich Schröer

Hinweis

Marcel Broodthaers. Eine Retrospektive 04.03.2017 – 11.06.2017

Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen – K21 Ständehaus,  Düsseldorf

Die Schau verfolgt die ersten künstlerischen Schritte des Belgiers (1924–1976) als Lyriker und Fotograf über die Hinwendung zur Objektkunst bis hin zur Malerei mit insgesamt 200 Werken. In Kooperation mit dem Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía in Madrid und dem MoMA in New York

Der den Beat hat

Den Beat haben, heißt einem ausgeprägten Rhythmus folgen. Dementsprechend hat Beat Wismer seinem (Vor)namen alle Ehre gemacht. Als Generaldirektor des Düsseldorfer Museum Kunstpalast, einem nur

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