Extralos

Der echte Achenbach. In Köln kommt es zur vorläufig „letzten“ Achenbach-Auktion bei Van Ham

Tolle Erfindung, diese Achenbach Art Auctions! Win-Win-Win für alle. Nur Schade, daß es mit dem vom Kölner Auktionshaus Van Ham angekündigten Part IV (18. Juni) „endgültig“ Schluß sein soll. Kaum zu glauben, nach allem was sich schübeweise, sturzflutartig aus den schier unerschöpflichen Lager-, Sonderlager- und Sammlungsbeständen des Achenbach´schen Firmengeflechts ergoß.

Wenn sich da nicht Gottlob eine neue Quelle auftäte: Am Ende, wenn erneut alle (?) 240 Werke aus der Liquidationsmasse der Achenbach Art Consulting (AAC) und einer Bande von weiteren 50 Bronze-Affen von Achenbach-Spezi Jörg Immendorff aus den Beständen einer nicht weiter benannten „Schweizer Privatsammlung“ über den Tisch und unter die Leute gebracht sind, kommt obendrein ein „Extralos“ unter den Hammer. Das Gemälde „Spirit of Freedom Nr. 10“ (140 x 141) stammt von Helge Achenbach selbst, ist echt und völlig marktfrisch. Es zeigt eine Winterlandschaft, Alpenpanorama mit hoch aufragendem Gebirgsmassiv. Die Gipfel oben in der Sonne, das Tal bis tief hinab verschneit (Taxe 3500 – 5000 Euro).

Zwei Jahre ist es nun her, daß Achenbach (1952 Weidenau) frisch aus Campo Bahia, dem Lager der Deutschen Fußballnationalmannschaft in Brasilien, zurückkehrend, am Flughafen Düsseldorf festgenommen wurde. Nachdem seine Revision vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe abgewiesen wurde, ist das Urteil vom März 2015 – sechs Jahren Freiheitsstrafe wegen Betrugs – somit rechtskräftig. Achenbach wird er aus der JVA Essen in den Regelvollzug wechseln. Seinen Antrag auf Offenen Vollzug hat er bereits gestellt.

Als Häftling in Untersuchungshaft konnte Achenbach am Workshop der JVA  „Malen und Zeichnen“ teilnehmen. Dort wurde Anne Berlit (1998 Meisterschülerin von Prof. David Rabinowitch ander Kunstakademie Düsseldorf, seit 2005 ist sie im Vorstand des „Kunsthaus Essen“ e. V.) seine Lehrerin.

Für Nachschub dürfte also einstweilen gesorgt sein. Auf ausdrücklichen Wunsch des Malers soll der Erlös des fast quadratischen Gemäldes (Acryl auf Hartfaser) dem Projekt Flüchtlingshilfe zu Gute kommen. Gemeint sind hier vermutlich keineswegs Achenbachs Mithäftlinge.

Die Düsseldorfer Flüchtlingshilfe wird sich über die Spende freuen. Wie sich ja überhaupt alle freuen bei diesem Achenbach Auktionsreigen. Die Gläubiger und Insolvenzverwalter allemal. Immerhin kamen bisher gut zehn Millionen Euro durch die Kunstverkäufe zusammen (außer den Verkäufen, die über Sotheby´s  abgewickelt wurden). Noch einmal 600.000 Euro stehen bei Part IV zu erwarten. Auch Achenbach selbst dürfte sich über seine späte Anerkennung als Künstler freuen, war ihm diese vor dem Essener Landgericht doch verwehrt geblieben, als er von seinen gefälschten Rechnungen als „Collagen“ sprach. Am meisten aber wird sich Markus Eisenbeis, Auktionator und Eigentümer des erst 1959 gegründeten Kölner Auktionshauses Van Ham, freuen. Denn ihm ist mit dem Reigen der Achenbach-Auktionen ein irrer Coup gelungen. 

„Eine Versteigerung der Superlative“ nennt Eisenbeis nicht zu Unrecht die Achenbach Art Auctions, AAA. Mit rund 2.300 Werken der Achenbach Bestände war schon die erste AAA die größte Auktion Zeitgenössischer Kunst, die je in Deutschland stattgefunden hat. War Van Ham bisher wenig auf dem profitablen Markt für Zeitgenössische Kunst bekannt, konnte sich das Haus nun Dank AAA dort fest etablieren. Rekordverdächtig waren die Ausstellungsfläche im schmucken Kölner Neubau von über 1.800 qm. Streckenweise waren mehr als 300 Bieter persönlich im Saal; insgesamt hatten sich rund 2.500 Bieter angemeldet, von denen rund zwei Drittel Neukunden waren. Es purzelten die Auktionsrekorde für zahlreiche Künstler. Was wiederum die Käufer, die Sammler und nicht zuletzt auch die Künstler freuen dürfte.

Zu einem Spektakel wurden die AAA- und AAAXXL-Auktionen erst durch ein bislang nie dagewesenes Medieninteresse. Nach dem Auktionsmarathon konnte Van Ham aufatmen. Das Risiko hatte sich ausgezahlt: Die erfolgreichste Auktion in der Geschichte des Hauses war gelaufen, sämtliche Werke waren über den Tisch gegangen. Kurz nachdem der letzte Hammer fiel, ließ sich Eisenbeis die weißen Handschuhe überbringen: White Glove Sale.

Bei aller Sensibilität für Provenienzen, einen Achenbach-Malus hat es nie gegeben. Im Gegenteil, die Kauflust des Publikums wurde durch die Schlagzeilen und grellen Stories um Achenbach und Aldi erst recht angeregt. Der Fall Achenbach ist auch hier ungewöhnlich und kurios: Die Kunstwelt zeigte sich in Geberlaufe, zahlte gerne Spitzenpreise für nicht unbedingte Spitzenwerke, derweil ihr einstiger Anführer im Knast einsitzt und das Malen beginnt. Auktionator Eisenbeis erwies dem Maler Achenbach die Ehre und nahm sein Frühwerk zur Auktion an. 

Mit dem neuen Umsatzrekord in Höhe von 39. Millionen Euro in 2015 erklomm Van Ham den dritten Platz der deutschen Kunstauktionshäuser (nach Villa Griesebach und Ketterer), liegt also knapp vor dem alten Kölner Konkurrenten Lempertz. Achenbach sein Dank.

Bei Part IV liegen die Erwartungen entsprechend hoch. „Es handelt sich um Restbestände diverser Kunstwerke aus der Provenienz Achenbach und somit ist hier jetzt eine große und auch die die letzte Chance für Freunde zeitgenössischer Kunst daran zu partizipieren“, lockt Van Ham die letzten Unersättlichen.

Zum Aufruf kommen Gemälde, Photographien und Graphiken, raumfassenden Großformaten sind wieder darunter. Vier frühe Kartonplastiken von Erwin Heerich zum Spottpreis von 400 Euro aufgerufen, vier Bronzen von Jonathan Meese,  “Soldiers”, “Archaeopteryx” und „Son“ aus 2003/2004 , dazu “Son” von 2003/2004 zu, unteren Limit von 6000 – 10.000 Euro. Thomas Struth ist mit drei Großfotografien dabei, darunter „Paradise 190 (Bayrischer Wald)“ von 1999 zum unverhältnismäßig hohen Aufrufpreis von 50.000 bis 60.000 Euro. Arbeiten von Markus Lüpertz, eine unvollständige Mappe von Joseph Beuys, Hermann Nitsch, Sol Lewitt, A.R. Penck und Georg Baselitz stechen hervor. Aber schon hat sich das Klima auf dem Kunstmarkt eingetrübt, auch der Hype um Achenbach hat sich abgekühlt. Der Maler selbst räumt den sicheren Platz im Workshop „Malen und Zeichnen“. Als Freigänger will sich Helge Achenbach, der studierte Sozialpädagoge, in der Flüchtlingshilfe engagieren. Ob er aber dann noch Zeit zum Malen findet?

C. F. S.

Der den Beat hat

Den Beat haben, heißt einem ausgeprägten Rhythmus folgen. Dementsprechend hat Beat Wismer seinem (Vor)namen alle Ehre gemacht. Als Generaldirektor des Düsseldorfer Museum Kunstpalast, einem nur

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