Viel Wolke, wenig Kristall

Sammlung Fischer im K20

Werner Schmalenbach, der schon legendäre Gründungsdirektor der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen machte zeitlebens einen weiten Bogen um „die Düsseldorfer Szene“. Ob er überhaupt je einen Fuß in die Galerie von Konrad Fischer setzte? Die hatte sich 1967 in einer Tordurchfahrt in der Neubrückstraße 12 angesiedelt, Schmalenbach residierte auf Schloß Jägerhof. Der Schritt zur Erwerbung der „Sammlung Fischer“ und – nicht unwesentlich – des umfangreichen Archivs der Galerie ist für die Kunstsammlung NRW also außerordentlich und beträchtlich. Aber nicht, weil Fischer seine bedeutende und bald weltbekannte Galerie in Düsseldorf gründete und zeitlebens führte, sondern weil ihr endlich ganze Sammlungsblöcke auf Weltniveau zukommen, die ihr bislang fehlten, wesentlich der Minimal und Concept Art. Allein von Bruce Naumann fand sich bisher keine einziges Werk in der Sammlung, nun kommen gleich 22 Arbeiten ins Haus. Ein Quantensprung in der Geschichte der Kunstsammlung. Von der schmalenbach´schen Gemäldegalerie weg, wohin? Zukunft offen.

Nun gab es reichlich Unmut im Vorfeld der Ausstellung „Wolke und Kristall“, mit der die Kunstsammlung „den Erwerb der Sammlung des berühmten Düsseldorfer Galeristenpaares Dorothee und Konrad Fischer feiert.“ heißt es in der offiziellen Ankündigung. Denn erstens gibt es eine solche Sammlung gar nicht und zweiten unterstellt die Verlautbarung, daß die Kunstsammlung die gesamte „Sammlung“ erworben hätte. Dagegen wehrt sich die Galerie, die seit einem Jahr von Berta Fischer, der 1973 geborenen Tochter von Konrad und Dorothee Fischer, von Berlin aus geführt wird. Zuletzt konnte man auf der Berliner abc neue Werke von ihr sehen.

Von Konrad Fischer ist bekannt, daß er die besten Werke stets an seine Sammler weitergab und nicht daran dachte, eine eigene Sammlung aufzubauen. Das war dann, nach dem Tod Konrads 1996, eher die Sache von Dorothee. Sie stellte ihre Sammlung, oder vielmehr Kunstwerke aus dem Bestand der Galerie, zunächst im Museu d’Art Contemporani de Barcelona (MACBA) und dann im Museum Kurhaus Kleve 2010/2011 vor (unseren Filmbeitrag).

Dort stellte sie auch Marion Ackermann ihren Wunsch vor, ihre Sammlung in Düsseldorf zu belassen. Zwar hat das Land Nordrhein-Westfalen, zusammen mit einigen Stiftungen wie der Kunststiftung NRW, der Kunststiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung, den Freunden der Kunstsammlung und dem Mäzen Jann Beyen den Kaufpreis von ca.11 Millionen Euro gestemmt (das Land allein stellte 7,7 Millionen Euro bereit). Doch habe die Galerie die Hälfte der Werke dem Land geschenkt, dazu das gesamte Galerie-Archiv. Insgesamt kommen über 200 Gemälde, Installationen, Skulpturen, Zeichnungen, Schriftstücke und Entwürfe von 44 Künstlern an die Kunstsammlung, darunter von Carl Andre, Daniel Buren, Dan Flavin, Sol LeWitt, Bruce Nauman, Hanne Darboven, Jan Dibbets, Gilbert & George, On Kawara, Lawrence Weiner, Lothar Baumgarten, Bernd und Hilla Becher, Jannis Kounellis, Mario Merz, Giuseppe Penone, Gregor Schneider, Thomas Schütte und Paloma Varga Weisz. Keineswegs aber handele es sich dabei um die gesamte „Sammlung Fischer“.

„Bestenfalls die Hälfte“, verlautet jetzt aus der Galerie Fischer, sei nun im Museumsbesitz. Und die andere, bessere Hälfte? Nichts davon in den Verlautbarungen der Kunstsammlung. Erstaunlich auch, daß das Land NRW bedeutende Kunstrichtungen, die die Galerie Fischer einst in Europa und Deutschland bekannt gemacht habe, beinahe völlig übergangen worden seien, so die Land Art und besonders die Arte Povera. Was nun aus diesem bedeutenden Sammlungsblöcken und den übrigen Werken der Galerie-Sammlung wird, liegt in Berta und Kasper Fischers Händen.

Auch über den Titel der Ausstellung kam es zu Auseinandersetzungen. Die Kunstsammlung (Kuratorin der Ausstellung ist die Sammlungsleiterin Anette Kruszynski) schlug „Von Pollock bis Nauman“ vor. Doch zählt Jackson Pollock gar nicht zu den Künstlern der Galerie. Nach zähem Hin und Her einigte man sich auf „Wolke und Kristall“- Titel einer weit in den Raum spielenden Bodenarbeit von Carl Andre, die der New Yorker Minimalist 1996 zum Tod Konrad geschaffen hatte.

Schwerer wiegt, daß Marion Ackermann ausgerechnet zur Erstpräsentation der „Sammlung Fischer“ den gesamten Amerikanersaal für eine Einzelausstellung des Düsseldorfer Fotostars Andreas Gursky hat abräumen lassen. Also fehlt der Anker zur ständigen Sammlungen just in dem Moment, wo die Fischer-Werke Einzug ins Haus halten. „Feiern“ sieht anders aus. Auch kann das kaum Ergebnis einer klugen Programmplanung sein. Ackermann zog die Gursky-Schau kurzerhand vor und ließ dafür den Amerikanersaal ins Depot wandern. Warum dieses Manöver? Vermutlich ist Ackermann mehr an der Regelung ihrer eigenen Nachfolge gelegen. Gursky übernahm einen Sitz in der Berufungskommission.      

Liegt in diesen Ungereimtheiten und Querelen der Grund, daß weder auf der Pressekonferenz, noch auch bei der Eröffnung weder Berta Fischer, noch sonst ein Vertreter der Galerie Fischer sprechen werden?

C.F.S.

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