Ende der Höhenflüge

Das Museum Kunstpalst bekommt mit Felix Krämer einen soliden Museumsmann als neuen Generaldirektor

Das Timing saß jedenfalls. Erst kam der Abschlußbericht des neuen, 250.000 Euro teuren „Kulturentwicklungsplan“ der NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf auf den Tisch („Ist sein Geld nicht wert“, Helga Meister), dann wurde das Geheimnis um die mit großer Spannung erwartete Top-Personalie gelüftet. Monatelang hatte eine siebenköpfige Findungskommission unter Vorsitz von Düsseldorfs OB Thomas Geisel (SPD) und dazu der Kölner Headhunter Olaf Wegner gesucht, gesichtet, beraten. Schließlich ging es um die Neubesetzung des Museum Kunstpalast „als herausragendes Museum auf Landeshauptstadtniveau“.

Dann die Überraschung: Felix Krämer wird – zunächst auf fünf Jahre – neuer Generaldirektor und Künstlerischer Leiter der Stiftung Museum Kunstpalast MKP. Er folgt zum 1. Oktober auf Beat Wismer, der sich in die Schweiz zurückzieht. Die kaufmännische Leitung der Stiftung wird nach wie vor Harry Schmitz in Händen halten.

Wie zu hören war kam der Hinweis auf den „Museumsmann“ Krämer (geb. 1971 in Cambridge/England, aufgewachsen in Hamburg) von Klaus Schrenk, dem langjährigen Generaldirektor der Bayerischen Staatlichen Gemäldesammlungen. Die Entscheidung der Jury war bereits am 7. Mai einstimmig gefallen. Zuvor hatten reihenweise Bewerber und Bewerberinnen die Segel gestrichen. So gesehen darf die Frage lauten: Was reizt Krämer an diesem vertrackten Palast?

Just am Tag der Vorstellung des sichtbar glücklichen Krämer, hatte dieser einen Beitrag in der FAZ veröffentlicht: „Hat ein Kanon für die Kunst überhaupt etwas mit Qualität zu tun?“ fragt er, um sogleich zu antworten, „Dagegen spricht eine Menge guter Gründe.“ Die alte Frage nach der Qualität stellt Krämer erneut, ohne sich allerdings mit einer Antwort vorzuwagen: „Aber ziemlich sicher ist, daß die Kunstpilger dieses Sommers schon im Jahr 2018 die meisten Namen nicht mehr buchstabieren können, die sie auf den großen Bühnen der Zeitkunst neu gelernt haben.“

Ziemlich sicher ist auch, daß sich Krämer nicht auf das Karussell der „Zeitkunst“ begeben will, sondern sich mehr aus dem schier unermesslichen Depots des MKP bedienen wird, um daraus – Kanon hin, Kanon her – Ausstellungen zu entwickeln. 

Krämer ist seit Mitte 2008 Sammlungsleiter der Malerei und Skulptur des 19. Jahrhunderts und der klassischen Moderne am Städel Museum in Frankfurt am Main. Er wurde dort zu einem erfahrenen und auch ambitionierten Kurator, dem eine Reihe von erstaunlichen Ausstellungen gelang (2008 Vilhelm Hammershøi. Poetry of Silence, The Royal Academy, London und National Museum of Western Art, Tokio; 2012 Schwarze Romantik. Von Goya bis Max Ernst, Städel Museum; 2013 L’ange du bizarre. Le romantisme noir de Goya à Max Ernst, Musée d’Orsay, Paris; 2016/2017 Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo, Städel Museum): Seine Rolle als Generaldirektor am disparaten, vielfach zergliederten, nach innen zerstrittenen Doppelflügelhaus im Düsseldorfer Ehrenhof, wird der Neue erst noch finden müssen.

Mit der Wahl Krämers hat man sich in Düsseldorf von hochfliegenden Träumen aus den Tagen der Neugründung der PPP-Stiftung verabschiedet. Gemeinsam mit der Eon wollte die Stadt ein internationales Ausstellungshaus mit reihenweise „Blockbuster-Ausstellungen“ schaffen. Mit der Wahl des international versierten Gründungsdirektors Hubert Martin und auch mit dem Schweizer Beat Wismer verfolgte man dieses Konzept, derweil sich die Eon peu á peu zurückzog und schließlich die PPP-Konstruktion kündigte und den Firmensitz nach Essen verlegte. Das Scheitern aller PPP-Hoffnungen.  Große und großartige Ausstellungen hat man im Ehrenhof dennoch gesehen, zuletzt, El GrecoHinter dem Vorhang und aktuell Lukas Cranach. Krämer sagte gleich zu Beginn seiner Vorstellung im Düsseldorfer Rathaus, auf „Blockbuster“ lieber verzichten zu wollen, stattdessen “gut zugeschnittene Ausstellungen” aus der ausgreifenden Sammlung des Hauses heraus entwickeln zu wollen. Jetzt ist man wieder Parterre: Eher städtisches Museum, denn Großkunsthalle, eher 19. Jahrhundert und Klassische Moderne, denn Contemporary, eher Sattelfestes, statt Visionäres, eher Konsolidierung, statt Höhenflüge. Neue Sichtweisen, überraschende Ansätze, Fehlanzeige. Krämer, der Innenarbeiter, mag darum nicht die schlechteste Lösung sein, das MKP aus der verfahrenen Situation herauszuführen, zu konsolidieren und vielleicht zu neuem Glanz zu verhelfen.

Keine Rede ist hingegen mehr von einer neuen Fotografie-Abteilung. Krämer will die Fotografie „selbstverständlich gleich wie Malerei und Skulptur“ betrachten. Vom Tisch sind auch die Pläne Geisels einer „Umstrukturierung der städtischen Museumslandschaft“ unter Oberhoheit eines Generalmuseumsdirektors. MKP, Kunsthalle, Kunst im Tunnel (KIT) und Hetjens-Museum sollten zusammengefasst werden. Auch davon nichts mehr. Krämer will überhaupt das Museum gegenüber der Ausstellungshalle im gegenüberliegenden Flügel des MKP hervorheben. Da müssen erst einmal die Dachsanierungen beginnen. Unter Wismer war die Dachetage wegen Wasserschäden fünf Jahre lang ein Sanierungsfall.

Neben dem fälligen Ausbau der Web-Präsenz des MKP, will Krämer auch den Ehrenhof kräftig aufmöbeln. Dieses herausragende Bauensemble der Zwanziger Jahre soll zum Skulpturenpark werden, verspricht Krämer, dabei ist der Ehrenhof bereits ein Vorbild in Sachen Baukunst und Bauplastik. Dagegen kein Wort zum Ausbau nicht renovierter Bauflügel.    

Krämer, der sich in Düsseldorf weniger als Ausstellungmacher, noch als Kurator von Wechselausstellungen profilieren möchte, versteht sich dezidiert als Generaldirektor. Da wird es zu seinen vornehmsten Aufgaben zählen, mit der ebenfalls neuen, aus Frankfurt kommenden Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Susanne Gaensheimer, ins Gespräch zu kommen. Die Abstimmungen beider Häuser stimmte zuletzt nicht. Da treffen sich zwei fast gleichaltrige Kunsthistoriker in Düsseldorf und könnten der alten Kunststadt am Rhein zu neuem Leben verhelfen.

C.F.S.

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